Von Ewa Blauth
Wie sieht die innere Welt eines Autisten aus? Können andere Menschen daran teilhaben?
Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte des Owen Suskinds, der als vollkommen normales Kind geboren plötzlich im Alter von drei Jahren aufhört, zu sprechen, und in die eigene innere Welt abdriftet. Seine ganze Leidenschaft gilt Disney-Animationsfilmen, die er sich tagein tagaus ansieht. Zu allen Disney-Filmen kennt er die Dialoge auswendig. Diese dienen ihm als Cluster, um mit der Umgebung zu kommunizieren und sich mitzuteilen. Owen wurde als Autist diagnostiziert.
Der Begriff "Autismus" ist schon in den Blick der Öffentlichkeit vorgedrungen. Leider aber auch als Modediagnose. Der Film stellt die Krankheit exemplarisch aus verschiedenen Perspektiven dar. Dadurch bekommt der Zuschauer buchstäblich eine visuelle Vorstellung der inneren Welt des Owen Suskinds. Der Verlauf der Krankheit und der Umgang damit werden zwar chronologisch aber nach und nach enthüllt. Es ist eine gelungene Mischung aus langen Interviews mit der engsten Familie, Zitaten aus Disney-Filmen und Owens eigenem Filmprojekt. Faszinierend sind dabei die gefühlsbetonte Haltung der Mutter und der eher pragmatische, lösungsorientierte Umgang des Vaters mit der Situation.
Der Durchbruch gelingt dem Vater, als er selbst in die Rolle einer Disneyfigur schlüpft und dadurch Kontakt mit seinem Kind aufnehmen kann. Noch Jahre danach hat Ron Suskind sichtlich Freude daran, für diesen Film die Situation von damals nachzuspielen. Die Eltern vermitteln der Krankheit gegenüber eindrucksvoll die Einstellung: "Wir geben unser Kind nicht auf. Gemeinsam geben wir ihm alle Unterstützung der Welt, damit aus ihm ein selbstständiger Mensch wird."
Der Protagonist gewinnt sofort die Herzen der Zuschauer. Owen Suskind ist eine faszinierende, facettenreiche Persönlichkeit. Der Zuschauer erlebt ihn dank familiärer Filmaufnahmen seit seiner frühesten Kindheit. Seine Innenwelt wird durch zahlreiche Ausschnitte aus Disney-Filmen uns zugänglich gemacht. Dadurch erfahren wir seine Werte und Weltanschauung.
„Das Leben ist kein Disney-Film“, lautet einer der Schlüsselsätze im Film. Als Owen sich verliebt, erlebt er ein Phänomen, das er in seinen geliebten Filmen nicht kennen gelernt hat. Mit der Liebe ist er aus der infantilen Disney-Realität herausgewachsen und findet sich in der Welt des Erwachsenseins wieder.
Es ist eine berührende aber auch heitere Geschichte mit vielen komischen Momenten, die den Schreck der Diagnose entschärft. Der Film zeigt eindrucksvoll, dass ein Mensch etwas mehr ist als nur seine Krankheit.
Mit Owen Suskind, Ron Suskind, Cornelia Suskind
Genres Dokumentation, Animation
Produktionsländer USA, Frankreich